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Auf dem Weg Richtung Sonne

Verträglich reisen heißt für uns auch, manchmal auf Luxus zu verzichten und nicht unbedingt die billigste Transportmethode zu wählen. Von Wien bis nach Ancona, der Hauptstadt der italienischen Region Marken, haben wir eine nette Mitfahrgelegenheit gefunden. Ein junges Paar aus Berlin hat uns in seinem Bus mitgenommen. Wir hatten einige nette Gespräche mit ihnen und die 11 Stunden Fahrzeit vergingen sehr schnell. Von Ancona aus waren es noch etwa 70km Bus- und Zugfahrt bis zu unserem nächsten Ziel. Da die Busse später abends nicht mehr fahren, haben wir zwei Tage vorher eine Übernachtungsmöglichkeit via Couchsurfing gefunden. Wir haben bei einer netten und sehr großzügigen afrikanischen Frau übernachtet und so eine ganz neue Form des Reisens kennengelernt. Wir lehnen es ab, in Europa zu fliegen, da es so viele andere umweltfreundlichere Möglichkeiten gibt.

Am Mittwoch sind wir dann endlich auf der neuen Farm angekommen. Nach einer 45-minütigen Fahrt durch die wunderschöne Landschaft von der Adria bis hin zu den Bergen erwartete uns ein atemberaubendes, 8ha großes Grundstück mit einem tollen Steinhaus. Überraschend war für uns, dass noch 5 andere Workawayer hier arbeiten. Dazu kommt noch die junge Gastfamilie mit ihrem kleinen Baby.

Im Vergleich zum vorherigen Bauernhof ist es hier immer laut, stressig und wenig privat. Das mussten wir erstmal verarbeiten. Alle leben in einer großen Gemeinschaft. Die komplette Hausarbeit wird von allen erledigt. Die Unterkunft und die Verpflegung sind ausgezeichnet. Kein Wunder, denn die Gasteltern betreiben ein Restaurant. Sie sind professionelle Köche. Entsprechend ist allerdings auch deren Einstellung. Obwohl sie nur wenige Jahre älter sind als wir, läuft alles sehr hierarchisch und streng ab. Es gibt einen festen Arbeitsplan und die Farm ist von den Workawayern abhängig. Das bedeutet viel Verantwortung für die Tiere und somit sehr viel unbezahlte Arbeit für uns. Herzlich willkommen fühlen wir uns nicht richtig. Abends brauchen wir viel Ruhe. Wir arbeiten sehr hart und erwarten eigentlich, dass wir unsere Wäsche, den Abwasch und das Kochen maximal unterstützen, aber nicht unbedingt komplett übernehmen. Aber wir müssen uns anpassen und das gehört auch dazu. Wir werden sehen, ob wir uns noch daran gewöhnen können oder eher abreisen. Obwohl es eine biologische Farm ist, bekommen wir fast nur konventionell gekaufte Zutaten zum Kochen. Die Familie betont häufig, dass sie wenig Geld hat und erst noch alles im Aufbau ist. Das ist auch verständlich und wir alle sind freiwillig hier. Aber für uns fühlt es sich trotzdem nicht richtig an, dass die Workawayer all das tun und dann auch nur einen Tag pro Woche frei haben. Die Atmosphäre ist eher kühl.

Gelernt haben wir bisher noch nicht allzu viel. Wir jäten fast jeden Tag Unkraut, ernten etwas und reparieren Zäune. Aber trotzdem warten wir erstmal ab und versuchen, einfach etwas für uns daraus mitzunehmen.

Die Idee und die Möglichkeiten der "Bibioteca" finden wir allerdings wirklich toll. Die Zutaten, die hier biologisch angebaut werden, verarbeiten die beiden Chefs in ihrem zugehörigen kleinen Restaurant. Es gibt Zwiebeln, Tomaten, Auberginen, Kohlsorten und Obstbäume. Die 6 Schweine, die Truthähne, Hühner, Enten und Bienen haben sehr viel Platz. Ebenso die zwei Hunde und 4 Katzen. Wenn wir jeden Morgen um 6:30 die Tiere füttern, denken wir beim Sonnenaufgang jedes Mal, dass die Natur hier wirklich paradiesisch ist. Die nächsten Häuser sieht man erst am Horizont. Das wunderschöne Grundstück und die Lage sind neben dem guten Essen bisher unsere Hauptmotivation, zu bleiben.