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Big City Life

Es ist schon witzig, wie die Ereignisse manchmal zusammenfallen. Wir erreichen London zu einer Zeit, in der ein tagelanger Schneesturm die Stadt fest im Griff hat. Das ist sehr ungewöhnlich - und zugegeben, für unsere Verhältnisse ist es nicht einmal besonders viel Schnee. Aber die Briten sind für so etwas nicht gerüstet und so gibt es überall Staus, die öffentlichen Verkehrsmittel fallen aus und die Menschen werden angewiesen, die Häuser nicht zu verlassem. Manchmal müssen wir über die Hysterie etwas schmunzeln, aber tatsächlich hat es das letzte Mal 2011 so viel Schnee hier gegeben und in Großbritannien gibt es keine Winterreifen. Auch wir bleiben einmal in der Straßenbahn stecken, aber nach einiger Zeit kann sie zum Glück weiterfahren.

Es ist sehr aufregend und interessant, nach langer Zeit mal wieder in einer Großstadt zu sein. Hier ist alles viel schneller und lauter, als wir es sonst gewöhnt sind. Aber wir genießen es auch und London hat ein ganz eigenes Flair. Nachdem wir beide vor einigen Jahren schon die klassischen Sehenswürdigkeiten besucht haben, haben wir uns diesmal vorgenommen, vor allem die alternativeren Stadtviertel und Märkte zu besuchen. Unser Couchsurfing-Gastgeber gibt uns auch ein paar Insider-Tipps.

Unsere erste Station ist der Camden Market, ein multikultureller Street Food- und Klamottenmarkt. Laura war schonmal hier und so finden wir uns schnell auf dem großen Areal zurecht. Wir teilen uns ein kolumbianisches Gericht und können uns kaum entscheiden, was wir noch probieren wollen. Um diese Zeit des Jahres ist hier wenig los und viele Stände sind gar nicht offen. Aber wir bekommen trotzdem einen guten Eindruck von dem bunten Treiben. Ansonsten schauen wir uns noch den Stadtteil Soho an, vor allem Chinatown und den Covent Garden. Wir lassen uns viel Zeit für alles und packen unsere Tage nicht allzu voll.

Am Freitag verlassen wir unsere Bleibe und ziehen um in einen anderen Stadtteil für unsere letzte Nacht.

Bis zuletzt sind wir optimistisch, doch abends stellen wir fest, dass wir gar nicht weiterfahren können, um zum nächsten Selbstversorgerhof zu gelangen. Alle Busse sind bis auf Weiteres abgesagt wurden. Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet. Wir schreiben unseren Gastgebern einige Mails und versuchen herauszufinden, was wir jetzt machen können. Selbst wenn der Bus wieder fährt, können sie uns nicht vom Bahnhof abholen, da die Straße mit 20cm Schnee bedeckt ist. Wir überlegen hin und her: Wird es bis morgen getaut sein? Wie sollen wir mit unseren je knapp 20kg Gepäck die 5km vom Bahnhof zurücklegen? Wir aktualisieren abwechselnd die Internetseite des Busunternehmens und den Wetterbericht. Bangen, hoffen, warten. Zum Glück ist unser Gastgeber in London bereit, uns noch eine Nacht bei ihm schlafen zu lassen. Dafür sind wir sehr dankbar.

Am nächsten Morgen ist schnell klar, dass wir definitiv nicht fahren können. Da wir das aber eh nicht ändern können, entscheiden wir einfach, dass wir das Beste draus machen und den Samstag nutzen, um 2 weitere bekannte Wochenmärkte zu besuchen. Zuerst fahren wir zur Brick Lane in einem alten Brauereiviertel. Hier gibt es viel internationales und günstiges Essen und einige junge Unternehmen verkaufen Schmuck und Kleidung. Die Gegend ist außerdem mit sehr interessanter Street Art ausgestattet. An jeder Ecke gibt es große kunstvolle Graffitis.

Nachmittags fahren wir dann noch zum Portobello Market, ein Paradies für Antiquitätensammler und Krimskrams-Freaks. Hier ist es trotz der Jahreszeit sehr voll und es gibt viel zu sehen.

Wir haben die Zeit in der Stadt gut ausgenutzt, tolle Sachen gegessen und das Flair genossen. Aber jetzt ist es auch Zeit, dass wir uns wieder dem geliebten Landleben widmen und den kommenden Frühling ausnutzen, um unser Gärtnerwissen zu erweitern.

Deshalb sind wir sehr froh, dass wir am Sonntag endlich die Weiterreise antreten können und nach 3,5 Stunden in Ross-on-Wye, nahe der walisischen Grenze, ankommen.

Der 63jährige Andrew holt uns ab und wir schaffen es gerade so den schneebedeckten Berg hinauf, auf dem er mit seiner Frau Yolande lebt und einen großen Garten hat. Wir werden mit einem Tee warmherzig aufgenommen und beziehen unser süßes Gästezimmer. Wir merken schon nach kürzester Zeit, dass wir hier absolut richtig gelandet sind und freuen uns sehr, hier zu sein. Den ersten Abend haben wir schon mit langen Gesprächen über Permakultur und biodynamischen Landbau verbracht. Andrew hat uns einige Projekte vorgestellt, die in den kommenden Wochen auf uns zukommen und wir sind sehr sicher, dass wir hier jede Menge lernen können. Es ist schön, wieder an einem solchen Platz angekommen zu sein.