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Das Land der Burgen

Unsere Woche beginnt ausnahmsweise mal mit Regen. Macht aber nichts, denn 18 verschiedene Kräuter im Kräuterbeet vor dem Haus brauchen eine Beschriftung. Yolande hat von einer Veranstaltung noch blau gestrichene Holzschilder übrig, die wir in Schönschrift beschreiben dürfen. Das war gleich eine gute Übung für englische Vokabeln! In den folgenden 2 Tagen geht es mit dem Malen weiter: Die Bänke und Holzstühle im Garten sollen abgeschliffen und neu gestrichen werden. Nach diesen Aufgaben wird es aber auch mal wieder Zeit für etwas Gartenarbeit. Eine Weidenhecke soll als Sicht- und Windschutz gepflanzt werden, dafür hat Andrew schon Weidenzweige abgeschnitten und auf einem Stück Beet eingepflanzt, damit sie Wurzeln treiben. Diese pflanzen wir nun um an ihren vorgesehenen Platz.

Abschließend weiht er uns dann noch in die Geheimnisse seines Kompost-Lernprozesses ein. Das war sehr spannend und neues Terrain für uns. In den ersten Jahren haben Andrew und Yo noch Pferdemist von der Nachbarin bekommen, um den schweren, tonigen Boden etwas aufzubessern. Jetzt ist ihr Ziel, mit dem eigenen, komplett pflanzlichen Kompost auszukommen. Neben den Küchenabfällen landen hier vor allem Unkräuter, Grassoden und Heu. Nachdem die ersten Versuche nicht ganz so erfolgreich waren und der Kompost nass und stinkig wurde, probiert Andrew es nun mit einer trockenen Methode und biodynamischen Techniken. Der Kompost wird abgedeckt und dadurch trocken gehalten. Dann kommt die Spezialbehandlung mit einem selbst hergestellten Präparat, einer Art Tee aus getrockneten Kräutern wie Brennesseln und Schafgarbe. Dieses wird in 6 kleinen Löchern gleichmäßig über dem Kompost verteilt. Danach wird der Kompost mit einer warmen Decke zugedeckt, damit sich die Wärme im Inneren besser entwickeln kann. Andrew sagt selbst, dass er noch herumexperimentiert, welche Methode und Zusammensetzung die Beste ist, Kompostierung ist ja schon höhere Gärtnerkunst. Aber mit dieser Methode verrottet der Kompost wesentlich schneller als sonst. Ob das allerdings immer besser ist, ist noch eine andere Frage.

Ansonsten haben wir große Mengen Bärlauch im Wald um die Ecke gesammelt. Andrew verkauft ihn über den Food Hub und wir essen ihn derzeit täglich. Einfach eine tolle, vielseitige Pflanze!

Ein Highlight war unser Ausflug nach Wales, in den Brecon Beacons Nationalpark, am Samstag. Wir sind ja hier sehr nah an der Grenze und die Busverbindungen sind gut, deshalb haben wir uns den Sugar Loaf ("Zuckerhut") ausgesucht, einen knapp 600m hohen Hügel mit toller Aussicht über den Park. Von der Kleinstadt Abergavenny aus haben wir uns auf den Weg gemacht, über Schaf- und Pferdeweiden und durch alte Buchen-Eichenwälder. Die Wanderung war nicht besonders lang, aber dafür steil. Das Wetter war zwar etwas grau, aber das passte irgendwie sehr zur Atmosphäre dieses Ortes. Mit den Felsen auf dem Gipfel fühlte man sich wie ein richtiger Bergsteiger und auf dem gesamten Hügel leben sogar halbwilde Pferde. Wir haben den Ausflug sehr genossen und auf dem Rückweg auch noch die alte Schlossruine gesehen. Am Sonntag haben wir den ganzen Tag in der Sonne gesessen und gelesen und Arno war joggen. Nachmittags haben wir noch dem typisch englischen Nachbar Richard mit seinem Oldtimer geholfen. Das Motorrad der britischen Marke BSA hat 30 Jahre draußen gestanden und wurde nicht gepflegt. Nach anderthalb Jahren Bastelei und Reparaturarbeiten kommt am Sonntag endlich der große Moment und der erste Fahrversuch soll gewagt werden. Dafür fragt er uns, ob wir ihn den Berg hinunterschieben können, damit er das Motorrad starten kann. Nach zwei missglückten Versuchen müssen wir es natürlich auch wieder hochschieben und beim dritten Mal klappt es schließlich. Jetzt kann Richard beruhigt zum Oster-Oldtimertreffen fahren, was sein großes Ziel war. Wir haben einen alten Mann sehr glücklich gemacht und viel Spaß mit ihm gehabt!

 

Diese Woche haben wir wieder viele tolle Sachen gegessen und dachten uns, dass wir für den Blog Tagebuch führen könnten, was es so jeden Tag gab, als vegetarische Rezeptinspiration. Dann kann man sich etwas besser vorstellen, wie es im Alltag auf den Tellern der Selbstversorger im zeitigen Frühjahr aussehen kann. Hier ist also unsere Speisekarte der vergangenen Woche.

 

Montag

Mittag: Graupeneintopf mit Kürbis, verschiedenen Hülsenfrüchten und Lauch mit selbstgemachtem Brot von Yo und Bohnenaufstrich von Laura (siehe Rezepte)

Abend: indisch gewürzte Amaranth-Topinambur-Pfanne

Dienstag

Mittag: Eintopf mit Mangold, Lauch, Kräutern, Graupen und Quinoa + Brot mit Aufstrich und Marmelade

Abend: Chili mit Bohnen, Dosentomaten, gelber Beete, Schalotten, Lauch und Polenta

Mittwoch

Mittag: Eintopf vom Vortag mit Brot

Abend: Blattgemüse - Quiche mit Dinkelboden (Mangold, Topinambur, Bärlauch, Lauch)

Donnerstag

Mittag: Asia-Eintopf aus Reisnudeln, Sojanudeln, Lauch, Algen, geröstetem Knoblauch, Bärlauch

Abend: Tajine aus Kichererbsen, dazu gedünstete Pastinaken, Blattgemüse und Möhren

Freitag

Mittag: dicke Pastinaken-Bärlauchsuppe mit Brot

Abend: Vollkorn-Dinkelnudeln mit Bärlauchpesto

Samstag

mitgenommen zum Ausflug haben wir eine Bulgur-Gemüsepfanne mit Bohnen, abends Brot

Sonntag

Mittag: Ofengemüse mit selbstgemachter Bärlauch-Aioli

Abend: Bratlinge aus Kichererbsenmehl mit Gewürzreis und Grünkohl-Bohnenbeilage

 

Aus eigenem Anbau stammen Kürbis, Bohnen, Lauch, Amaranth, Quinoa, Topinambur, Zwiebeln, Knoblauch, Schalotten, Marmeladen, gelbe und rote Beete, Mangold, Pastinaken, Möhren, Grünkohl, getrocknete Kräuter, Bärlauch (im Wald gesammelt). Eier kommen von den Nachbarn, Trockenzutaten häufig aus dem Food Hub (meist bio, aber nicht regional). Laut eigener Aussage kaufen die Beiden dieses Frühjahr viel mehr zu als sonst, da das Wetter ungewöhnlich schlecht war und letztes Jahr aus persönlichen Gründen der Garten nicht so im Vordergrund stand. Wenn man bedenkt, dass man noch Weiß-, Rot-, Schwarz-, China-, Wirsing- und Rosenkohl sowie Kartoffeln, Sellerie, Steckrüben, Pilze, Spinat, Brokkoli und Wintersalate anbauen könnte, wird der Speiseplan noch vielfältiger. Jedes Essen hier schmeckt uns super und vor allem das frische Blattgemüse ist in dieser Jahreszeit sehr wichtig für den Nährstoffhaushalt. Grüne Blätter enthalten meist deutlich mehr Vitamin C als Südfrüchte. Natürlich muss man beim Kochen kreativ werden, wenn man nur benutzt, was da ist. Das macht uns sehr viel Spaß und man hat so ein gutes Gewissen, wenn man all diese gesunden Sachen isst. Viele Hülsenfrüchte statt Fleisch oder Zubereitungsmethoden, die das Gemüse knackig und frisch lassen (wie dünsten oder im Wok garen) statt des üblichen geschmacklosen Kantinen-Schmorkohls, das ist hier der Schlüssel. Und beim Würzen kann man sich ja auch mal auf neues Terrain wagen. Wir können es jedenfalls wärmstens empfehlen!