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Unser neues Heim?

Nach vielen Tagen voll mit Umgraben, Pferdemist auf die Beete bringen und Unkraut jäten steht am Ende der Woche endlich das lang ersehnte Errichten der Jurten an. Diese mobilen Behausungen sind traditionell in der Mongolei anzutreffen und werden von Nomaden genutzt. Eine mongolische Familie kann die runden Zelte mit der beweglichen Holzkonstruktion in wenigen Minuten aufbauen. Wie lange wir wohl dafür brauchen werden?

In Crann Og gibt es einen großen Campingplatz, auf dem den ganzen Sommer ein großes Zelt, eine kleine und eine große Jurte zusätzlich als Unterkunft für Gäste zur Verfügung stehen. Normalerweise würden diese schon lange aufgebaut sein, aber der letzte Winter hat sich hartnäckig gehalten und die Wiese war noch deutlich zu nass, um darauf zu arbeiten. Der erste Schritt ist, den Zustand der festen Holzunterkonstruktion zu begutachten. Hat die Abdeckung mit LKW-Planen dem monatelangen Regen standgehalten oder ist das Holz doch nass geworden? Leider ist alles tatsächlich ziemlich feucht und zeigt Ansätze von Schimmel. Marion überlegt schon länger, die Jurten zu verkaufen, weil sie für das irische Klima nicht wirklich gemacht sind. Klar, das Wetter in der mongolischen Steppe ist ja auch eher trocken. In anderen Gegenden von Europa kann es aber durchaus funktionieren.

Jedenfalls geht es jetzt ans Eingemachte: Die beschrifteten Einzelteile werden aus dem Schuppen rausgetragen und sortiert. Die 3 Wandteile sind so simpel wie genial: dünne Holzbalken, die mit Hanfstricken wie eine Ziehharmonika verbunden und somit ausziehbar sind. Die Dachkonstruktion besteht wiederum aus langen Holzbalken, die in ein Holzrad mit Löchern gesteckt werden. Alles wird mit Schnüren festgezurrt und ist unerwartet stabil. Die Verkleidung ist aus Canvas-Stoff und wird am Boden festgebunden. Innen wird dann noch eine Plane und Teppich ausgelegt und schon kann man einziehen! Es ist sehr gemütlich und die von innen sichtbare Holzkonstruktion erzeugt ein ganz eigenes Flair. Nächste Woche kommt dann noch die ganze Einrichtung und Dekoration rein, dann wirkt das Ganze noch wohnlicher.

Nach zwei Wochen sind wir nun auch etwas mehr mit unseren Gastgebern in Kontakt getreten und haben uns auch oft über deren Herangehensweise unterhalten. Uns ist nun schon öfter aufgefallen, dass, wenn ein Hof Freiwillige beschäftigt und gleichzeitig mit dem Hof in irgendeiner Weise Geld verdient, die Freiwilligen häufig darunter leiden. Wir arbeiten hier vergleichsweise viel, 6,5 Stunden anstatt der üblichen 5. Dafür dürfen wir auch kostenlos an Yogastunden teilnehmen und erhalten Rabatt, falls wir an Veranstaltungen auf dem Hof teilnehmen möchten. Aber hier ist im Vergleich zu England wenig individuelle Erfahrung möglich, da die Gastgeber aufgrund des Zeitdrucks gar nicht darauf eingehen können, dass wir außer Unkraut jäten und Umgraben gerne noch spezielle Dinge lernen möchten. 5 Freiwillige gleichzeitig zu koordinieren ist aber natürlich auch für die Gastgeber eine Herausforderung. Mit weniger Helfern ist die Arbeit wiederum gar nicht zu schaffen. Wir sehen es trotzdem positiv, da wir viel daraus lernen können und es in Zukunft anders machen möchten (auf unserem Hof). Arno hätte nur gerne noch etwas mehr Freizeit, um sich auf die Zukunft vorzubereiten. Eine Webseite soll her, Fragen zu den Themen Versicherung und Selbstständigkeit müssen geklärt werden. Denn die Reise ist auch dazu da, um uns auf die Zukunft vorzubereiten. Während ein Studium wenig Vorbereitungsaufwand bedeutet, ist die bevorstehende Selbstständigkeit mit dem Nähen nachhaltiger Outdoorkleidung mit vielen unkalkulierbaren Faktoren verbunden, die natürlich auch erstmal Unsicherheit verursachen. Aber wir halten fest zusammen und werden trotzdem die geplanten vollen 4 Wochen hier verbringen. Denn: Laura kann hier extrem viel zum Thema Yoga mitnehmen, wir mögen unseren kleinen Wohnwagen, die Umgebung ist super und unsere Gastgeber und die anderen Helfer sind eine angenehme Gesellschaft.

Nur die gelegentlich spürbare Frustration der Chefin stimmt uns manchmal nachdenklich. Wir können schon gut verstehen, dass es ärgerlich ist, wenn durch das extrem schlechte Wetter viele Buchungen ausbleiben und die finanzielle Unabhängigkeit einfach nicht in greifbare Nähe rücken will. Sie sagt oft, dass sie diese Art von Business nicht weiterempfehlen würde und überlegt, komplett aufzuhören. Denn auch der Gemüseanbau leidet unter der mangelnden Zeit und viele Potenziale können nicht ausgenutzt werden. Aber sie gibt auch selbst zu, dass sie im Nachhinein von Anfang an besser planen würde. Diese Hinweise sind für uns natürlich trotz des bitteren Beigeschmacks Gold wert und so schnell wollen wir den Mut nicht verlieren. Es gibt für unsere Zukunft viel daraus zu lernen und es macht offensichtlich Sinn, noch ein zusätzliches, vom Hof unabhängiges, Einkommen zu haben. Wie hoch das sein muss, hängt wiederum von vielen Faktoren ab.

Es ist gerade eine gute Lektion für uns und wir sind dankbar für die Erfahrung.

Unser Wochenendausflug hat uns sehr glücklich gemacht und uns einen einmaligen Ausblick beschert: Wir sind an die Küste gefahren, um die Cliffs of Moher zu sehen. Der rauhe Atlantik trifft hier auf schroffe Klippen, schafft einzigartige Formen und Habitate für Vögel und Delfine. Eine Szene aus "Harry Potter" wurde hier gedreht und der Ort ist wohl der größte Touristenmagnet in Irland. Worte können nicht beschreiben, wie es sich anfühlt, da oben zu stehen und dem Wind zu trotzen. Man hört das laute Rauschen der Wellen, die sich an den Klippen brechen und hoch auftürmen. Man kann am Horizont die Berge von Connemara und die Aran Islands sehen. Möven ziehen ihre Kreise, die Luft ist herrlich. Es war so ein schöner Tag, den wir nie vergessen werden. Die Bilder sprechen absolut für sich, obwohl sie nicht annähernd die Stimmung einfangen. Es ist wirklich toll, in Irland zu sein.