Wir haben definitiv richtiges Glück mit dem Wetter. Es sind nach wie vor zwischen 25 und 30°C, wir gehen häufig schwimmen und fangen morgens früher an, zu arbeiten, damit wir vor der Mittagshitze
aufhören können (naja, fast...). Wir haben uns jetzt darauf geeinigt, dass unsere Überstunden (über die 6h Freiwilligenarbeit hinaus) bezahlt werden. Das heißt, dass wir zurzeit relativ viel
arbeiten, aber der Stundenlohn ist in Schweden auch sehr hoch. So kommt trotzdem einiges zusammen.
An den Wochenenden gibt es sehr viel zu tun, da das Café geöffnet hat. Da müssen Bänke und Tische gerückt, Rasen gemäht, Kräuter gepflückt und Salat gewaschen werden. Manchmal vergehen zwischen
Ernte und dem Anrichten auf dem Teller nur 30 Minuten. Das ist natürlich bezüglich Frische und Qualität unschlagbar. Die Gäste kommen zahlreich und erscheinen sehr zufrieden. Auch Urlauber sind
inzwischen angekommen. Zwei Häuser stehen auf dem Grundstück zur Vermietung bereit und sind in der Regel auch gut ausgebucht. Wenn das Café offen ist, gibt es auch einen kleinen Hofladen, wo
hauptsächlich Tomaten- und Chilipflanzen, Kräuter, Marmeladen und Bioprodukte von anderen Herstellern verkauft werden.
Spezialitäten wie selbst gezogene Sprossen oder die sogenannten "Oyster Leaves" (Salatblätter, die nach Austern schmecken) erzielen hohe Preise beim Verkauf an Restaurants und machen wenig
Aufwand. Laut Mats muss man in diesem Geschäft ständig Ideen für neue Produkte haben und diese auch gut vermarkten, um der Konkurrenz standhalten zu können. Die Erzeugnisse haben natürlich auch
ihren Preis und diesen zahlen die Verbraucher nur, wenn die Qualität auch stimmt. Das merken wir auch bei der Arbeit. Eine Tomatenpflanze bricht beim Transport am Stängel - 50€ an potenziellem
Ertrag sind dahin. Salatblätter sollen möglichst nicht eingerissen sein, genau 28-50 winzige Basilikumsamen müssen in den Topf, sonst erreichen die Pflanzen nicht die gewünschte Qualität.
Diese Woche haben wir viel gepflanzt. Hauptsächlich Lauch, aber auch viele verschiedene Kohlsorten durften ins Freiland auf das Feld umziehen. Letztere werden noch mit einem Netz abgedeckt, damit
die Raupen des Kohlweißlings keine Chance haben. Gegen Blattläuse in den Gewächshäusern kommen biologische Schädlingsbekämpfer zum Einsatz, die man online bestellen kann. Selbst die Hummeln, die
die Tomatenpflanzen bestäuben und somit den gesamten Prozess erst möglich machen, kommen mit der Post im Karton. Manchmal ist es schon erstaunlich, wie "unnatürlich" auch auf einem Biohof die
Produktionsweise sein kann. Die Skala macht am Ende den Unterschied - je kleiner und finanziell unabhängiger der Betrieb, desto individueller kann der Bauer auf seine Schützlinge
eingehen.
Am Wochenende haben wir eine weltweit einzigartige Neuheit besucht: Im nahen Eskilstuna gibt es eine "Recycling Mall", ein Einkaufszentrum, das ausschließlich Dinge aus zweiter Hand bzw.
aufbereitete gebrauchte Waren vertreibt. Das Angebot reicht von Kleidung und Stoffen über Elektronik, Möbel und Haushaltswaren, Bücher, Werkzeuge und Sport-Ausrüstung. Alle Produkte, die nicht
recycled wurden, kommen aus nachhaltiger Produktion. In den 12 Geschäften gab es viele interessante Dinge zu bestaunen und die Preise waren auch sehr günstig.
https://www.retuna.se/sidor/in-english/
Wir bekommen glücklicherweise mehr und mehr eigene Verantwortungsbereiche. Laura war an einigen Tagen schon selbst für die Bewässerung des Kräutergewächshauses zuständig, Arno durfte Saatmaschine
und Einachser bedienen. Wir werden auch in die Organisation mit einbezogen, da wir viele Fragen stellen und Interesse bekunden. Denn die allermeisten Freiwilligen kommen nicht hierher, um über
Gärtnerei zu lernen, sondern, weil Freiwilligenarbeit eine günstige Art zu reisen ist. Daher sind einige Gastgeber gar nicht erst bemüht, ihre Wirtschaftsweise zu erklären, sondern geben einfach
Arbeitsaufträge, die dann auszuführen sind. Das hat uns schon auf anderen Höfen frustriert, aber hier wurde wenigstens nach einiger Zeit klar, dass wir mehr wollen als nur eine günstige
Unterkunft am traumhaften See.
Insgesamt sind wir hier zufrieden und lernen viel, was für uns die Hauptsache ist.