· 

Mitten im Sommer

[Arno]

Die vergangene Woche startet kühl und regnerisch, obwohl es auf Mittsommer zugeht. Ich merke aber besonders, wie erfrischend der leichte Regen sein kann, nachdem wir so lange Hochsommer und Dürre hatten. Jetzt hat man immerhin nach der Arbeit auf dem Acker nicht mehr die Schuhe voll Sand und Staub. Der böige Wind macht uns aber auch einen Strich durch die Rechnung, als wir auf dem Feld Vlies ausrollen wollen: am nächsten Tag müssen wir zwei der Textilbahnen erst im hohen Gras suchen gehen. Das Pflanzen der Kürbisse, Zucchini und Gurken muss also noch bis nach Johanni warten, wenn sich der launische Wind hoffentlich gelegt hat.

Nur das Baden ist jetzt nicht mehr das gleiche: Der See hat sich sehr abgekühlt und es ist nicht mehr denkbar, zum anderen Ufer zu schwimmen. Ich ziehe natürlich trotzdem meinen Vorsatz durch, an jedem Arbeitstag wenigstens kurz ins Wasser zu springen.

Am Donnerstag stand wieder das wöchentliche Packen der Gemüsekisten an. Allerdings wurde diesmal irgendwie die Vorbereitung ausgelassen. Wir haben also morgens begonnen, alles ernten zu gehen - Salat vom Feld, Tomaten und Gurken aus dem einen, Portulak aus dem anderen Gewächshaus und dann noch Radieschen, Frühlingszwiebeln und Brokkoli aus dem Polytunnel. Die meisten Sachen müssen anschließend naürlich noch geputzt oder gewaschen und für jede einzelne Kiste abgewogen werden. Und dann gab es gar nicht genügend Radieschen und Portulak für alle 35 Kisten. Also ein logistischer Kraftakt, da die ersten Kunden schon um 12 ihr Gemüse abholen wollen! Am Ende ist die letzte Kiste genau zum Feierabend gepackt und geht direkt in die Auslieferung; Punktlandung.

Im Vergleich zu den vorherigen Wochen wird also klar: Vorbereitung ist alles. Beispielsweise Salat und Portulak, die viel Zeit zum Ernten, Waschen und in Tüten Wiegen verschlingen, müssen aus pragmatischen Gründen einfach schon am Vortag vorbereitet werden und über Nacht im Kühlhaus lagern. Maximal frisch ist das ja trotzdem, wenn man einen Blick auf die langen Lieferketten von Supermärkten wirft.

Und jetzt kommt der Witz: Neue Kräuter wollen gesät werden, denn Basilikum und Co. sind nach den Tomaten die wirtschaftlich zweitwichtigste Kultur in Hornudden. Ich durfte deshalb auch bisher schon alle etwa 10 Tage die Töpfe mit Erde füllen, in die meist Laura die Kräuter gesät hat. Das war also am Donnerstag trotz der Abokisten ganz oben auf der Prioritätenliste und so kam es, dass ich bis zum Abendessen noch an der Maschine stand. Glücklich über die bezahlten Überstunden natürlich und über mein Tageswerk: 175 Dutzend und somit 2100 gefüllte Töpfe!

Die Woche blieb aber nicht so stressig, denn am Freitag haben wir Midsommar gefeiert. Ich habe mich schon lange auf dieses berühmte Fest gefreut. Wir arbeiteten am Vormittag noch kurz, die Pflanzen wollen ja auch an Feiertagen bewässert werden. Nach einem ersten Festmahl zum Mittag dekorierten wir die Midsommarstång, die schwedische Variante des Maibaums. Danach gab es die obligatorische Fika - zur Sommersonnenwende selbstverständlich mit Erdbeerkuchen zum Kaffee. Das war die Stärkung, um anschließend um die Stång zu tanzen mit traditionellen Liedern. Nach den ersten paar Runden lösten sich die Vorbehalte magisch auf und alle machten fröhlich mit. Irgendwann gingen Mats und Karin die Lieder aus - und alle sind angenehm erschöpft vom anstrengenden Gehüpfe. Mats zeigte uns als kleines Highlight noch, wie man Boomerangs wirft. Tatsächlich schaffte es jeder von uns, dass er wieder zurück kommt! Das Abendessen wurde danach gemeinschaftlich gekocht, genauer gesagt gegrillt. Mats und Karin zeigten sich zum Fest spendabel beim tollen Essen, mit mehr Fleisch als sonst, sowie Bier und Wein. Ein gelungener Tag, der sich wirklich besonders angefühlt hat.

Die restlichen Tage war die Arbeit für mich sehr ruhig. Einerseits habe ich mich um "meine" Gurken gekümmert, die dringend gedüngt werden mussten. Danach wurden mir außerdem die Paprika-, Peperoni- und Chilipflanzen anvertraut, die beschnitten und an Schnüren hochgebunden werden müssen. Das ist echte Gärtnerkunst, denn es geht nicht einfach darum, mechanisch Pflanzen in die Erde zu bringen oder Unkraut zu jäten. Stattdessen sehe ich mir jede Pflanze einzeln an, suche die stärksten Triebe heraus, die gefördert werden sollen und entferne andere Äste so, dass das Wachstum in die gewünschte Richtung geleitet wird. Viel Verantwortung also und bestimmt keine Arbeit, bei der es um Schnelligkeit geht. Ich versinke also für viele Stunden in meinen Gedanken über die Pflanzen und erfreue mich an der reichen Sortenvielfalt von schwarzen Paprika bis lila Chili.

Macht mehr Spaß, als man denkt: Arbeit an der Topffüllmaschine. Nach dem Befüllen mit Erde und Töpfen muss man nur noch die perfekt gefüllten Pflanztöpfe in Stiegen stapeln. Die Herausforderung ist, mit dem Tempo des Förderbands mitzuhalten.

Das Mittsommerfest in Hornudden: wir dekorieren die "Midsommarstång" (sprich Mittsommerschtong) mit frischem Laub und Margeriten, die die Sonne symbolisieren.

Großes Glück: ein Elch steht auf dem Feld, als wir morgens zur Arbeit kommen! Mats versucht, mit dem jungen Männchen zu kommunizieren. Das ist Schweden pur.