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Lost Places

Diese Woche war ziemlich abwechslungsreich. Wir haben viele Wintervorbereitungen auf dem Gelände getroffen und neues Land urbar gemacht. In dem Fall in Form eines Kahlschlags, der ziemlich energieaufwändig ist und dem Boden bei Starkregen der Erosion preisgibt. Wir überlegen, ob man solche Veränderungen über einen längeren Zeitraum und Stück für Stück durchführen sollte, um der Natur weniger Schaden zuzufügen. Vielleicht könnte man sich dadurch das Ökosystem des jungen Waldes eher zunutze machen.
Außerdem haben wir den Eselstall "renoviert", er wurde ausgemistet und die Wände gekalkt, um Bakterien abzutöten. Auf dem Gelände standen wieder ein paar Aufräumarbeiten an. Die Familie schmeißt aber kaum Materialien weg, sondern lagert vieles, um es später wiederverwenden zu können. Das Holz, das bei der Rodung für das neue Land anfällt, wird zu Weidezaun, Pfählen und Stielen für Gartengeräte. Ein altes Lattenrost aus Holz wird zu einer Beetbegrenzung für Möhren. Diese wiederum wachsen unter den Betten für die Erdbeeren (die aus Paletten selbstgebaut sind). Dadurch werden sie gleich mit gegossen, wenn die Erdbeeren bewässert werden. Wir stellen erneut fest, dass durch eine intelligente Bewirtschaftung sehr viel Arbeit und Zeit beim Gärtnern gespart werden kann. Alles funktioniert dann am besten, wenn man sich die Natur zunutze macht, anstatt sie zu bekämpfen. Alte Gemüsesorten sind widerstandsfähig gegen Krankheiten und Schädlinge, ihre Samen sammelt die Familie und bringt sie für das nächste Jahr wieder auf das Feld. Der Kaffeesatz landet als Dünger auf bestimmten Pflanzen, das gejätete Unkraut bleibt ebenso wie die Schafwolle als Mulch auf den Beeten liegen.

Ähnlich wie in Österreich ist auch hier die Produktivität des Gemüsegartens erstaunlich. Man braucht so wenig Platz für so viele verschiedene Leckereien. Noch Ende Oktober genießen wir fast täglich frische Erdbeeren und Himbeeren. Wir essen häufig Kohl in verschiedenen Variationen, auch frischen Salat gibt es fast täglich. Kürbisse, Kartoffeln und Zucchini lassen sich in vielen Variationen verarbeiten.

Zum Prinzip der Permakultur gehört auch, dass man den Boden so wenig wie möglich bearbeitet. Viele Flächen werden nur selten umgegraben oder gejätet, weil es einfach nicht nötig ist. Die Beikräuter geben dem Boden Halt und sind teilweise sogar Ablenkfütterungen für Schnecken. Es werden keine Nährstoffe ausgeschwemmt, wenn der Boden nicht nackt ist. Dadurch erübrigt sich das Düngen häufig. Außerdem wird durch geschicktes Pflanzen von Bodenverbesserern wie Leguminosen die Nährstoffverfügbarkeit erhöht. Ein solcher Garten bietet auch viel Lebensraum für Nützlinge.

Die eher weniger beliebten Brennesseln werden zu Tee oder Jauche verarbeitet. Letztere hält Blattläuse fern. Das Pflanzareal sieht nicht wirklich aus wie ein klassischer Kleingarten. Aber es scheint um einiges vitaler und mit Leben gefüllt zu sein. Es macht großen Spaß, täglich diese Vielfalt zu sehen und sich gleichzeitig bewusst zu machen, dass alles ohne Chemie funktioniert. Gegen diesen Anblick wirkt die industrialisierte Landwirtschaft und deren Supermarktprodukte nur noch künstlich. Man möchte gar nichts anderes mehr essen.

An unserem freien Tag haben wir diesmal etwas Besonderes gemacht. Vom Hof aus können wir ein kleines Bergdorf sehen, das von Wald umgeben ist. Die Familie hat uns gesagt, dass niemand mehr dauerhaft dort wohnt und viele Häuser verlassen sind. Nur einige wenige Menschen kommen im Sommer noch hierher. Wir haben uns aufgemacht und den Weg durch den Wald gefunden. Nach ein paar Tagen sind wir auch mit Marco und Andrea noch einmal aufgebrochen, um den Weg für die Eselwanderungen freizumachen. Daraus ist eine abenteuerliche Suche nach vergessenen Wegen im Wald geworden.

Casonetti ist schön und gruselig zugleich. Etwa 20 Häuser stehen hier. Zu Fuß ist es eine Stunde von Pelosa entfernt. Früher lebten die Menschen hier in einer engen Dorfgemeinschaft von der Landwirtschaft. Die Flächen und die Arbeitskraft wurden geteilt, einmal pro Woche ist jemand ins Tal gefahren und hat für alle eingekauft. Doch nach und nach sind die alten Bewohner gestorben und der Nachwuchs wollte in die Stadt ziehen. So ist das Dorf nach und nach ausgestorben. Häuser und Land kann man hier für sehr wenig Geld erwerben. Aber bis hier wieder jemand einzieht, haben wir noch viel Zeit, um das besondere Flair dieses Ortes zu genießen.